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Hebammen im Gespräch: Platz für Sorge am 1. Mai und Internationaler Hebammentag


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Delia und Teresa vom Geburtshaus Freiburg-Team auf der 1. Mai-Demo

Anlässlich der 1. Mai-Demo und dem heutigen Internationalen Tag der Hebamme unterhalten sich Delia und Sarah vom Geburtshaus Freiburg-Team über die aktuelle Situation der Hebammen und notwendige Veränderungen in der Geburtshilfe.


Sarah: Liebe Delia, kürzlich hast Du gemeinsam mit Teresa unser Geburtshaus auf der 1. Mai-Demo vertreten. Wie war die Stimmung dort?


Delia: Trotz Nieselregen haben sich viele Leute eingefunden und die Stimmung war ausgesprochen gut. Es war ein tolles Gefühl mit so vielen gemeinsam auf die Straße zu gehen und für unsere Ziele laut zu werden. Auch die strengen Coronaregeln - an die sich natürlich alle gehalten haben - konnten das Gemeinschaftsgefühl nicht mindern. Es war trotz Abstand eine gelungene Demo und wir sind dankbar, dass wir ein Teil davon sein durften.


Sarah: Warum war es Euch wichtig, an der Demo teilzunehmen?


Delia: Es ist ja nichts Neues, dass es für die Hebammen in Deutschland nicht immer leicht ist. Und auch dieses Jahr wollen wir daher jede Gelegenheit nutzen, um auf die Missstände hinzuweisen. Hebammen brauchen bessere Arbeitsbedienungen, eine bessere Bezahlung. Durch mehr Hebammen kann eine sicherere 1:1-Betreuung unter der Geburt Realität werden und nur so können wir adäquate Geburtshilfe leisten. Außerdem muss unbedingt der Ökonomisierung der Geburtshilfe entgegengewirkt werden - Frauen und ihre Familie dürfen nicht darunter leiden, dass ihre Betreuung nicht genügend Geld abwirft! Und leider geht es ja nicht nur uns Hebammen so, sondern auch anderen in Care-Berufen! Deshalb sind wir Teil der Initiative „Platz für Sorge“ geworden und haben gemeinsam mit dem Netzwerk Care Revolution, den F*Streiks und vielen mehr an der Demo teilgenommen.


Sarah: Worum geht es denn bei der „Platz für Sorge“-Kampagne?


Delia: Die Bewegung wird von vielen Vereinen und Gruppierungen unterstützt und setzt sich für alle ein, die bisher zu wenig gehört wurden. Es soll einen Platz geben, an dem die Sorgen aller gehört werden. Pflegende, Hebammen, Alleinerziehende, Geflüchtete, Frauen, Mütter, Umweltaktivist*innen. Sie alle werden bisher zu wenig beachtet, zu wenig unterstützt und zu wenig bezahlt. Die „Platz für Sorge“-Initiative will das ändern. Dazu soll es bald einen Care Rat geben, der mit im Gemeinderat sitzt und genau diese Probleme anspricht. Außerdem wird es immer wieder gemeinsame Aktionen geben um den verschiedenen Menschen einen Platz zu geben, wo ihre Sorgen geteilt und gehört werden.


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Die 1:1 Betreuung - Ein wichtiger Pfeiler in unserer Geburtshaus-Arbeit

Sarah: Heute ist ja auch der Welthebammentag. Als ich heute von Facebook an meinen Eintrag von vor 7 (!) Jahren erinnert wurde, wusste ich nicht genau, ob ich lachen oder weinen soll. Zu sehen war unser damaliges Transparent - es hatte exakt dieselbe Aufschrift wie das Plakat, das ihr vor einigen Tagen mit zur 1. Mai-Demo genommen habt. Irgendwie ist es mehr als traurig, dass sich an den Arbeitsbedingungen seither im Prinzip nichts geändert hat...


Delia: Das stimmt. Wenn Du dir zu unserem heutigen „Ehrentag“ etwas wünschen könntest, was wäre denn das?


Sarah: Natürlich wäre es schön, endlich das Gefühl zu haben, für die Verantwortung, die wir tragen, angemessen bezahlt zu werden. Aber noch wichtiger wäre mir, dass wir für unsere Arbeit auch angemessene Arbeitsbedingungen vorfinden können. Dabei denke ich heute vor allem auch an unsere Kolleginnen in den Kliniken, die eine immense Arbeitslast unter enorm eng gestrickten Personalschlüsseln bewältigen müssen. Noch immer steigen viel zu viele Hebammen bereits nach wenigen Berufsjahren aus, weil sie unter diesen Bedingungen - verständlicherweise - nicht mehr arbeiten möchten.


Delia: Im Geburtshaus möchten wir ja - neben einer respektvollen, interventionsarmen und evidenzbasierten Betreuung der Frauen/ Familien, genau das erreichen - adäquate Arbeitsbedingungen für Hebammen. Warum ist Dir dieser Punkt so besonders wichtig?


Sarah: Als Mutter dreier kleiner Kinder stand ich am Ende meiner letzten Elternzeit vor einer kniffligen Frage: wie schaffe ich den Wiedereinstieg in den Beruf, vor allem in die außerklinische Geburtshilfe, ohne dass meine eigene Familie dabei zu kurz kommt? Als klassischer Frauenberuf leidet natürlich vor allem auch der Berufsstand der Hebammen unter diesem - leider typischen - Frauenproblem. Viele Kolleginnen arbeiten in dieser Lebensphase entweder gar nicht oder nur in Teilzeit, weil vor allem die außerklinische Geburtshilfe - im gängigen Arbeitsmodell der alleine arbeitenden Hausgeburtshebamme - fast immer eine Dauerrufbereitschaft mit sich bringt. Ich selber kann so gerade nur arbeiten, weil mein Mann seinen Beruf aufgegeben hat und rund um die Uhr für unsere Kinder da sein kann. Im Geburtshaus hingegen wird jede Hebamme ihre Arbeitszeiten und ihr Arbeitspensum selbst regulieren können - für eine angemessene und auch zukunftsfähige Work-Life-Balance.


Delia: Deswegen sind wir eben ein „Geburtshaus für Alle“, von dem sowohl die von uns betreuten Menschen als auch wir selbst profitieren sollen. Für angemessene, selbstbestimmte Arbeitsbedingungen, für eine längere Verweildauer der Hebammen in ihrem Beruf... Ich würde mir wünschen, dass wir in 7 Jahren nicht wieder unsere alten Transparente aus dem Keller holen müssen!


Sarah: Das ist ein schönes Schlusswort! Auf uns Hebammen, auf unser Geburtshaus - für eine Zukunft mit adäquaten Arbeitsbedingungen und der gesellschaftlichen Wertschätzung, die unsere Arbeit verdient hat.

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